Historie und Technik der Orgel

Geschichtlicher Hintergrund

Die Anfänge der Orgel als Instrument lassen sich bis zur Antike verfolgen. Eines der ältesten Zeugnisse über eine Frühform der Orgel bildet die römische Wasserorgel oder Hydraulis, bei der ein gleichmäßiger Winddruck durch Wasser gewährleistet wird. Die Römer nutzten dieses Instrument u.a. bei gesellschaftlichen Veranstaltungen.  Wer würde heute wohl erwarten, dass zur damaligen Zeit eine Orgel zu blutigen Spektakeln wie Gladiatorenkämpfen in der Arena erklang?

Im Mittelalter wurden sogenannte Blockwerkorgeln verwendet, die einen starren Plenumklang aus ganzen Pfeifenreihen, ähnlich einem x-fachen Cornett besaßen. Durch die separate Spielbarkeit einzelner Register wird dieses Konzept nach und nach aufgeweicht, wodurch der Rest der Register als sogenannter Hintersatz bestehen bleibt, der auch heute noch als Pedalmixturregister bekannt ist. Seit dieser Zeit beinhaltet die Systematik der Orgel das Prinzip der Register als Klangstimmen.

Grundbestandteile der Orgel

Die Orgel ist in ihrer Form und Größe das wandlungsreichste und individuell vielfältigste Instrument. Das beginnt bei der kleinen 1-Register-Orgel über Positive bis hin zur großen Kirchen- und Konzertsaalorgel mit bis zu dreistelliger Registerzahl. Für gewöhnlich nehmen diese größeren Orgeln insbesondere auch an der Innengestaltung des Raumes allein durch ihre Größe und ihr Design Anteil. Bis auf wenige Kleinorgel-Serien sind Orgeln Unikate und stellen in ihrer Anfertigung durch einen Orgelbauer eine handwerkliche Meisterleistung dar.

Das breitgefächerte Repertoire an Klangfarben mit der Klanggrundlage „Wind“ oder „bewegte Luft“ (bis auf wenige Effektregister) ist ein wesentliches Merkmal der Orgel. Daher sind auch die Grundbestandteile einer jeden Orgel neben den Tasten das Gebläse und die Pfeifen. Die Register als Klangstimmen bilden das Pfeifenwerk systematisch ab durch Registerbezeichnungen mit dem Namen des Register sowie einer Angabe in Fuß (z.B. 2‘). Diese lässt Rückschlüsse auf die Art und Tonhöhe des Registers zu. 8‘-Register erklingen in der Äquallage, d.h. es erklingt die gleiche Tonlage wie es auch auf einem Klavier der Fall wäre. Die Angabe 8‘ geht auf die Prinzipalpfeife des Tons C zurück, deren Pfeifenlänge etwa 2,4 Meter oder 8 Fuß beträgt. Bei heutigen Schuhgrößen trifft das Längenmaß „Fuß“ als etwa 30cm jedoch nicht in jedem Fall zu, ist allerdings historisch bedingt. Wagemutige können hierzu beim nächsten Orgelüben oder -erklettern den eigenen Fuß mit dem Prinzipal 1‘ C vergleichen. Prinzipale sind die Grund- oder Hauptregister einer Orgel und geben einen typischen Orgelklang, dem im Gegensatz zu Flöten, Streichern oder Zungen kein ähnliches Musikinstrument im Orchester gegenübergestellt werden kann.

Die Obertonreihe

Alle weiteren Fußzahlen hängen direkt mit der physikalischen Obertonreihe zusammen. Ein Ton besteht (außer bei elektronischen Erzeugern) nicht nur aus dem Grundton, sondern erhält je Instrument oder je Orgelpfeife seine charakteristische Klangfarbe durch eine Beimischung unterschiedlicher Obertöne, die mehr oder weniger stark ausgeprägt sind. So hat beispielsweise das Register Quintade 8‘ neben dem Grundton insbesondere die Quinte als hervorgehobenen Oberton. Durch Division der dem Grundton entsprechenden 8‘ durch die jeweilige Ordnungszahl des Obertons (der erste Oberton ist der Grundton selbst) lassen sich die anderen Fußzahlen ableiten:

  • 8‘ : 1 = 8‘ (Grundton selbst)
  • 8‘ : 2 = 4‘ (Oktave)
  • 8‘ : 3 = 8/3‘ = 2 2/3 ‘ (Quinte)
  • 8‘ : 4 = 2‘ (Oktave)
  • 8‘ : 5 = 8/5‘ = 1 3/5 ‘ (Terz)
  • 8‘ : 6 = 8/6‘ = 1 1/3 ‘ (Quinte)
  • 8‘ : 7 = 8/7‘ = 1 1/7 ‘ (Septime)
  • 8‘ : 8 = 1 ‘ (Oktave)

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